Geschrieben von Konrad Jentzsch am 17.10.2021
Katharina Türpe:
Ich heiße Katharina Türpe und komme aus einer Kleinstadt in der Nähe von Chemnitz. Ich war auf einem Gymnasium, das ungefähr genauso groß ist wie das Pestalozzi-Gymnasium, nur dass es bei uns einen ziemlich traurigen und mickrigen Musikzweig gab. Mittlerweile gibt es dort auch keinen Schulchor mehr. Ich war selbst nie im Schulchor, weil es niemanden mitgezogen hat und Welten zwischen dem, was ich hier erlebt habe und dem, was an meiner alten Schule war, liegen. Ich war dann aber in der Musikschule und habe relativ früh mit dem Klavierunterricht angefangen, wo ich eine richtig coole Klavierlehrerin hatte, die einen total mitriss. Sie hat ein Gesangsensemble und da konnte ich sehen, wie sie Spaß daran hatte und mit ganz viel Elan und Enthusiasmus das gemacht hat und ich dachte mir geil, das will ich auch machen. Dann war dies meine Leidenschaft. Ich bin einer dieser komischen Menschen, der schon immer wusste, dass er mal Lehrerin werden will. Ich bin auch einer der Menschen, der trotz Studium immer noch sagt, ich will Lehrerin werden. Irgendwann war es für mich klar, dass ich gern Musiklehrerin werden will. Zwischendurch kam der Wunsch dazu, auch Englisch zu machen und jetzt bin ich seit vier Jahren in Dresden an der Musikhochschule und habe dort klassisches Klavier im Hauptfach, habe aber gemerkt, dass ich auch die Chorarbeit total liebe. Ich begleitete bereits viele Projektchöre und war eine Weile lang vor Corona Chorassistentin für den kleinen Chor am Vitzthum-Gymnasium, bis mich irgendwann Clara Bergert angeworben hat und gesagt hat: „Hey kleiner Chor, hey Jugendchor, wie wäre es?“.
Konrad Jentzsch:
Gab dir deine Familie auch die Begeisterung für die Musik mit oder hast du sie rein durch dein Schaffen entdeckt?
Katharina Türpe:
Meine Mama hat auf jeden Fall viel Musik mit mir gemacht. Sie suchte verzweifelt nach einem Hobby für mich und hat mich erst zum Sport geschleift, worauf ich nicht so viel Bock hatte. Dann hat sie mich zum Klavierunterricht geschickt, wo wir schnell merkten, dass das passt, aber ansonsten bin ich in meiner Familie tatsächlich die Erste, die Unterricht genommen hat. Sonst hören wir nur viel Musik. Meine Mama spielt noch ein bisschen Gitarre und singt mit mir ein paar Kinderlieder, aber mehr ist es nicht.
Konrad Jentzsch:
Du hattest es vorhin kurz angerissen: Wie genau kam eigentlich die Verbindung zum Jugendchor zustande? Wie bist du bei uns gelandet?
Katharina Türpe:
Wir sind an der Musikhochschule unter den Schulmusikern ein eingeschworener Kreis und dort gibt es die Leute, die richtig Bock haben, mehr zu machen und die dann an die Schulchöre in Dresden vermittelt werden. Während Corona war natürlich nicht viel los und da hat Clara Bergert, die vor mir die Chorassistenz beim Jugendchor leitete und die auch eine Kommilitonin und eine gute Freundin von mir ist, gesagt, dass der kleine Chor jemanden braucht, der dort mitwirkt und deshalb habe ich letztes Jahr zu Beginn des Schuljahres angefangen, den kleinen Chor mit zu leiten, was dann allerdings leider ins Wasser fiel. Gegen Ende des letzten Schuljahres hat Max Röber mich gefragt, ob ich noch zusätzlich zum kleinen Chor die Chorassistenz hier im Jugendchor übernehmen möchte und da habe ich gedacht, dass ich einen so großen Chor so schnell nicht noch mal zusammen kriege und ich doof wäre, wenn ich das Angebot ausschlagen würde.
Konrad Jentzsch:
Du konntest in den vergangenen Monaten bereits viele Erfahrungen im Umgang mit jungen Menschen sammeln. Was bedeutet für dich die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern?
Katharina Türpe:
Zum einen finde ich es einfach so spannend und so cool zu beobachten, wie schnell und wie individuell sich Kinder entwickeln können oder auch wie sich Sachen in einem Chor entwickeln, wenn man vor diesem steht und von Woche zu Woche sieht, wie es immer wieder neu und anders wird. Die holen zum Beispiel Sachen aus sich heraus, die die vorher von sich gar nicht erwartet hätten. Ich habe das Gefühl, dass es sehr selten passiert, dass man aus einer Runde von singenden Kinder herauskommt und schlechte Laune hat. Ich glaube, das geht gar nicht. In einem Chor herrschen meistens so eine Freude und eine so positive Stimmung, das steckt einen einfach an.
Konrad Jentzsch:
Was bedeutet Musik im Allgemeinen für dich? Was gibt dir Musik persönlich?
Katharina Türpe:
Für mich ist Musik einfach mittlerweile ein krasser Bestandteil in meinem Leben. Einerseits, weil es mein Studienfach ist. Ich studiere das und habe tausend Seminare zu dem Thema. Auf der anderen Seite ist es eine Leidenschaft und dadurch, dass ich auch einen Freundeskreis habe, in dem alle Musik feiern und diese Leidenschaft mit mir teilen, ist das ein verbindendes Glied zwischen mir und meiner Umwelt. Wir reden über Musik, wir machen Musik und wenn ich nichts zu tun habe, dann mache ich etwas mit Musik oder wenn es mir schlecht geht, dann setze ich mich ans Klavier oder ich höre Musik, die mich wieder aufbaut. Das Emotionale mit der Musik zu verbinden, funktioniert richtig gut. Auch zu sehen, wie das von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist, fasziniert mich. Man hat an der Musikhochschule die einen, die das auf einer schwebenden Ebene empfinden, die auf einem ganz intellektuelleren und auch viel gebildeteren Level mit Musik leben und dann im Vergleich hier in einem Chor zu sein, der als Schulchor auf einem ganz anderen Level ist als ein Dresdner Kammerchor, der aber auch seine eigene individuelle Verbindung zur Musik hat. Ich finde das so cool, dass es kein richtig und falsch gibt, sondern dass jeder seine eigene Beziehung zur Musik haben darf.
Konrad Jentzsch:
Wo soll es für dich zukünftig hingehen, vielleicht auch mit dem Jugendchor? Wie willst du dich zukünftig gern mit hier einbringen?
Katharina Türpe:
Ich persönlich habe richtig Lust, nicht nur als Musiklehrerin im Unterricht zu unterrichten, sondern auch einen Chor zu haben, mit dem man coole Sachen machen kann, denn ich liebe die Chorarbeit. Der Jugendchor ist so groß und ich habe richtig Lust mit dem Potenzial, was in dem Jugendchor vorhanden ist, Chorarrangements zu singen, die man wirklich nur mit einem so großen und begabten Chor probieren kann. Ich glaube dadurch, dass der Jugendchor sich mittlerweile einen Namen ersungen hat, sind auch Kooperationen mit der Hochschule auf jeden Fall gut umsetzbar. Es ist cool, dass ich gerade noch in der Musikhochschule bin und man das gut miteinander vernetzen kann. Es ist allgemein eine schöne Sache innerhalb von Dresden, dass Chöre sich untereinander vernetzen.
Ich weiß selbst noch nicht, wie lange ich hier dabei sein werde und mitreden kann, aber was ich mir für den Jugendchor richtig gut vorstellen kann, sind Kooperationen mit den Musikinstitutionen in Dresden wie mit der Philharmonie oder mit dem Philharmonischen Chor. Ich glaube, da ist der Jugendchor auf einem guten Weg. Ich finde es aber schon allein cool, dass man hier mehrstimmige Sätze singen kann. Es passiert einfach viel mehr, wenn man vierstimmige Sätze hat und plötzlich singt der Chor Harmonien, wo alle im Chor denken, „wow, das kommt im Popsong gar nicht so vor“. Es müssen gar nicht mal Stücke sein, wo alle sagen „oh, ein Mendelssohn“, sondern einfach, dass man hört, dass es im Chor lebt.
Konrad Jentzsch:
Wir können auf jeden Fall gespannt sein, wo es mit dem Jugendchor zukünftig hingeht. Vielen Dank für das Gespräch!